
Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren (Justiz-Initiative)
(Eidg. Volksinitiative)
Bundesrichterinnen und Bundesrichter sollen Entscheide frei von Interessenkonflikten und politischen Einflüssen fällen können. Das ist heute nicht möglich.
Um von der Bundesversammlung als Bundesrichterin oder Bundesrichter gewählt zu werden, muss eine Person heute de facto einer politischen Partei angehören und über gute Beziehungen zu Entscheidungsträgern verfügen.
Dieses Beziehungsgeflecht besteht auch nach der Wahl in das Bundesgericht und kann die Entscheide der Richterinnen und Richter beeinflussen. Zudem kann mit der Drohung der Abwahl, Druck auf Richterinnen und Richter ausgeübt werden.
Deshalb sollen Juristinnen und Juristen alleine aufgrund ihrer Fähigkeiten - auch ohne Beziehungsnetz in die Politik und Verwaltung hinein - Bundesrichterin und Bundesrichter werden können. Und als solche sollten sie auch bei unbequemen Entscheiden keine Nachteile zu befürchten haben und nicht abgewählt werden können.
Diese Ziele werden mit der eidgenössischen Volksinitiative «Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren» erreicht.
Richterkandidatinnen und -kandidaten dürfen einzig aufgrund ihrer fachlichen und persönlichen Qualifikation am Losverfahren teilnehmen. Das Losverfahren garantiert eine faire Besetzung des Bundesgerichts, ohne Rücksicht auf allfällige Parteibücher. Die im Losverfahren bestimmten Bundesrichterinnen und Bundesrichter, bleiben bis zur Pensionierung im Amt.
Die wichtigsten Argumente, ...
weil die Gewaltentrennung zu den wichtigsten Grundprinzipien der Demokratie gehört.
damit für gute, ungebundene Juristinnen und Juristen die Chance steigt, zur Bundesrichterin oder Bundesrichter bestimmt zu werden.
damit Bundesrichterinnen und Bundesrichter von politischen Parteien unabhängig bleiben.
damit Bundesgerichtsurteile unabhängiger sein werden, weil die Zulassung zum Losverfahren allein auf der persönlichen und juristischen Qualifikation beruht.
weil politischen Ansichten und Zugehörigkeit zu einer politischen Partei keine Qualifikationskriterien sein dürfen.
damit Bundesrichterinnen oder Bundesrichter abberufen werden können, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, das Amt auszuführen (Gesundheit, Amtsmissbrauch, etc.).
Argumente, Fragen und Antworten, Mythen
Zu den wichtigsten Grundprinzipien der Demokratie gehört die Gewaltentrennung der Staatsmacht in Legislative (Parlament), Exekutive (Regierung und Verwaltung) und Judikative (Justiz bzw. Rechtsprechung). Diese Trennung soll verhindern, dass eine der Staatsgewalten übermächtig wird und die Gerechtigkeit und die Freiheit der Bürger bedroht. Die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts werden heute von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt, diese nimmt dabei freiwillig Rücksicht auf den Parteienproporz. Faktisch kann heute nur Bundesrichterin oder Bundesrichter werden, wer sich einer der im Parlament vertretenen Parteien anschliesst. Die Justiz-Initiative möchte diese sachlich unnötige und unter dem Aspekt der Gewaltentrennung auch unerwünschte Abhängigkeit der Bundesrichterinnen und Bundesrichter von den Parteien und der Politik beseitigen und schlägt dafür ein neues Wahlverfahren vor.
Initiativtext
Die Bundesverfassung[1] wird wie folgt geändert:
Art. 145 Amtsdauer
1 Die Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates sowie die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler werden auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Die Amtsdauer der Richterinnen und Richter des Bundesgerichts endet fünf Jahre nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters.
2 Die Vereinigte Bundesversammlung kann auf Antrag des Bundesrates mit einer Mehrheit der Stimmenden eine Richterin oder einen Richter des Bundesgerichts abberufen, wenn diese oder dieser:
a. Amtspflichten schwer verletzt hat; oder
b. die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat.
Art. 168 Abs. 1
1 Die Bundesversammlung wählt die Mitglieder des Bundesrates, die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler sowie den General.
Art. 188a Bestimmung der Richterinnen und Richter des Bundesgerichts
1 Die Richterinnen und Richter des Bundesgerichts werden im Losverfahren bestimmt. Das Losverfahren ist so auszugestalten, dass die Amtssprachen im Bundesgericht angemessen vertreten sind.
2 Die Zulassung zum Losverfahren richtet sich ausschliesslich nach objektiven Kriterien der fachlichen und persönlichen Eignung für das Amt als Richterin oder Richter des Bundesgerichts.
3 Über die Zulassung zum Losverfahren entscheidet eine Fachkommission. Die Mitglieder der Fachkommission werden vom Bundesrat für eine einmalige Amtsdauer von zwölf Jahren gewählt. Sie sind in ihrer Tätigkeit von Behörden und politischen Organisationen unabhängig.
Art. 197 Ziff. 12
12. Übergangsbestimmung zu den Art. 145 (Amtsdauer), 168 Abs. 1 und 188a (Bestimmung der Richterinnen und Richter des Bundesgerichts)
Ordentliche Richterinnen und Richter des Bundesgerichts, die bei Inkrafttreten der Artikel 145, 168 Absatz 1 und 188a im Amt sind, können noch bis zum Ende des Jahres, in dem sie das 68. Altersjahr vollenden, im Amt bleiben.
[1] SR 101
Diese Initiative wurde von folgenden Komitee-Mitgliedern lanciert (nach Alphabet Nachname):

Bommeli Ralf, Altnau
(Web-Seite)

Gasser Adrian, Wilen OW
(Web-Seite)

Gasser Adrian, Prilly
(Web-Seite)

Gasser Dieter, Prilly
(Web-Seite)

Hiestand Matthias, Kaufdorf
(Web-Seite)

Ineichen Letizia, Luzern
(Web-Seite)

Pulaj Berat, Luzern
(Web-Seite)

Schärli Markus, Luzern
(Web-Seite)

Stadelmann Karin, Luzern
(Web-Seite)

Stojanoviz Nenad, Gandria
(Web-Seite)

Voumard Pascal, Plagne
(Web-Seite)
Diese Initiative wird von folgenden Organisationen unterstützt:
Ausgesuchte Meinungen aus der Bevölkerung und der Politk
Urs Wangeler, Student der Rechtswissenschaften Uni Luzern
"Gerechtigkeit beim höchsten Gericht kann niemals erreicht werden, wenn schon das Wahlverfahren der Richter ein politischer Entscheid ist."
Der Glauben an die Justiz setzt deren Unabhängigkeit voraus
"Die Wahl [der Bundesrichterinnen und Bundesrichter] sollte nicht mehr durch die Parteiarithmetik bestimmt werden. Derzeit teilen sich die Parteien die Sitze des Bundesgerichts auf, als ob es sich um einen Kuchen handeln würde. (…) Die Justiz funktioniert nämlich nur dann gut, wenn das Volk die Richter respektiert – und die Richter verdienen sich diesen Respekt nur dann, wenn sie sich ein unabhängiges und unparteiliches Erscheinungsbild geben. Das aktuelle System der Parteibindung trübt dieses Erscheinungsbild zusätzlich, weil die Richter einer periodischen Wiederwahl unterworfen sind."
Claude Rouiller, ehemaliger Bundesrichter, in: Denis Masmejan, «Les partis se partagent les sièges du Tribunal fédéral comme si c’était un gâteau». Le Temps, 12. September 2014
Gesellschaftliche Repräsentationsfunktion mit heutigem Richter-Wahlsystem nicht gewährleistet
"Angesichts der Tatsache, das sich heute ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung nicht mehr mit einer Partei identifiziert, wird durch das Festhalten an der Vertretung parteipolitischer Interessen am Bundesgericht die angestrebte gesellschaftliche Repräsentationsfunktion zunehmend weniger erfüllt, gleichzeitig leidet darunter die Sicherstellung der fachlichen Qualität der Kandidierenden. Im Weiteren erhöhen die Notwendigkeit der relativ kurzen Amtsdauer und der regelmässigen Wiederwahlen den Konformitätsdruck auf die Richter bei politisch und gesellschaftlich umstrittenen Fällen."
Vatter Adrian, Justiz, in: Das Politische System der Schweiz, Baden-Baden 2014, S. 493
Die Mandatssteuer sollte abgeschafft werden
"…beim Rechtsuchenden kann der Eindruck entstehen, dass ich das Richteramt nur ausübe, weil ich das Amt gekauft (…) habe. Dass ich also das Amt bloss bekleiden darf, weil ich der Partei jedes Jahr etwas von meinem Einkommen abgebe."
Giuliano Racioppi, Die Parteien wollen ihre Macht erhalten, in: Plädoyer, 1/18 S. 10
Prof. Dr. Martin Schubarth, ehemaliger Bundesgerichtspräsident
"Dank der Justiz-Initiative wird die Diskussion wichtiger Fragen der Justiz angestossen. Zum einen die Problematik des heutigen Systems der periodischen Wiederwahl von Richtern, das die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Zum anderen das System der an die Partei abzuliefernden Mandatssteuer, eine fragwürdige Form der Parteifinanzierung. Sie ist ungerecht und erweckt den Verdacht des Ämterkaufs."